Sonntag, 31. März 2013

Mercedes Lackey : Elspeth & Darkwind



Winds of Fate (DAW 1991)
Winds of Change (DAW 1992)
Winds of Fury (DAW 1993)
Homepage Mercedes Lackey
Fan-Club "Queen's Own"
Firebird Arts & Music


High Magic has been lost to Valdemar centuries ago when the last Herald-Mage gave his life to save the kingdom from destruction by dark sorceries. Yet now the realm is at risk again. And Elspeth, Herald and heir to the throne, must take up the challenge, abandoning her home to find a mentor who can awaken her untrained mage abilities. But others, too, are being caught up in a war against sorcerous evil.

The Tayledras scout Darkwind is the first to stumble across the menace creeping forth from the "Uncleansed Lands." And as sorcery begins to take its toll, Darkwind may be forced to call upon powers he has sworn never to use again if he and his people are to survive an enemy able to wreak greater devastation with spells of destruction than with swords....

(Klappentext von "Winds of Fate")

Nach der Geschichte von Talia und Dirk kommt zeitlich zunächst der zweite Teil des Kerowyn-Bandes. Nahtlos daran anschließend ist dann die vorliegende Trilogie der Mage Winds, in denen die Kronprinzessin Elspeth sich aufmacht, um ihr Talent als Herald-Mage ausbilden zu lassen. Dabei wehrt sie sich gegen die Bevormundung durch die Companions und geht ihren eigenen Weg, der Elspeth auf die Tayledras treffen lässt. Zwei Gesellschaftsformen prallen aufeinander und werden in Form des Paares Elspeth & Darkwind zu einer Synthese zusammengeführt.

In dieser Trilogie geht es um die Freiheit des Individuums. Mercedes Lackey lässt ihre Protagonisten exemplarisch zu Verteidigern eben dieser Freiheit gegen gesellschaftliche und familiäre Zwänge agieren. Jeder dieser beiden kämpft, bewusst oder unbewusst, gegen die ihm in seiner Gesellschaft, in seinem familiärem Umfeld auferlegten Zwänge. Gegenspieler sind dabei nicht nur die jeweiligen gesellschaftlichen Umfelde, sondern (ebenfalls exemplarisch) Mornelithe Falconsbane alias Ma'al als Antithese des Freien Willens.

Das Schöne an diesen Trilogien von Mercedes Lackey ist die Unaufdringlichkeit der moralischen Botschaft, die die Autorin in einer spannenden, heroischen und oftmals sehr feinsinnigen Geschichte versteckt. Vordergründig handelt es sich nämlich, wie in allen Valdemar-Trilogien, um pure High Fantasy mit Guten und Bösen. Erst wenn man sehr viel genauer hinguckt, sieht man, daß auch die Guten ihre Macken haben und neben der klassischen romantischen Geschichte wesentlich mehr in den Büchern enthalten ist. Nicht umsonst lese ich Lackey seit einem Vierteljahrhundert und bin als Langzeit-Fan auch kein Einzelfall. Ganz davon abgesehen stellen die Basis-Trilogien um die Heralds von Valdemar auch in ihrer Gesamtheit noch ein anderes Prinzip dar, aber darauf gehe ich nach dem letzten Zyklus noch einmal gesondert ein.

Beachtenswert finde ich auch, daß Mercedes Lackey die in den vorherigen Zyklen aufgestellten moralischen Prinzipien der Emanzipation ebenso wie der sexuellen Freizügigkeit hier unaufdringlich weiterführt. Dies kommt auch der Geschichte an sich zu Gute, denn mit jedem Zyklus wird Valdemar heller, bunter und interessanter. Auch hier wieder eine unbedingte Lesempfehlung.

Samstag, 30. März 2013

Mercedes Lackey : Talia & Dirk



Arrows of the Queen (DAW 1987)
Arrow's Flight (DAW 1987)
Arrow's Fall (DAW 1988)


Chosen by the Companion Rolan, a mystical horse-like being with powers beyonding imagining, Talia, once a runaway, has now become a trainee Herald, destined to become one of the Queen's own elite guard. For Talia has certain awakening talents of the mind that only a Companion like Rolan can truly sense.

But as Talia struggles to master he unique abilities, time is running out. For conspiracy is brewing in Valdemar, a deadly treason which could destory Queen and kingdom. Opposed by unknown enemies capable of both diabolical magic and treacherous assassination, the Queen must turn to Talia and the Heralds for aid in protecting the realm and insuring the future of the Queen's heir, a child already in danger of becoming bespelled by the Queen's own foes!

Klappentext "Arrows of the Queen" lt. Mercedes Lackey


"Mercedes Lackey met C. J. Cherryh through filk, who mentored her during the writing of her 'Arrows' series. During this time, Marion Zimmer Bradley included her short stories in an anthology; and Cherryh helped Lackey through 17 rewrites of 'Arrows'. During this time, she claims to have been writing so much that she had no social life at all."
Quelle : Wikipedia

Dieses siebzehmalige Nachbessern hat sich aber gelohnt, denn die Geschichten um Talia und Dirk sind für ein Erstlingswerk ausnehmend gut, so gut, daß diese drei Bände den eigentlichen Ausgangspunkt für Mercedes Lackeys Erfolg bilden.

Im Gegensatz zu den Geschichten um Tarma, Kethry und Kerowyn sind die Romane über Talia und Dirk deutlich filigraner, definitiv High Fantasy. Talia, die aus einem kleinen Dorf an der Grenze stammt, wird durch die Wahl von Rolan zum Herald und in das (fast schon kosmopolitisch zu nennende) Zentrum von Valdemar katapultiert. Das Erwachsenwerden von Talia und ihr Aufstieg zur Beraterin der Königin Selenay und Erzieherin der Thronfolgerin Elspeth schildert Mercedes Lackey einfühlsam und romatisch, ebenso wie die Beziehungen, die Talia unter den Heralds eingeht. Dabei verfällt die Autorin nicht in den üblichen Kitsch, der insbesondere Frauen in der Fantasy gerne unterstellt wird, sondern zeigt die Protagonistin als normale Frau mit normalen sexuellen Bedürfnissen und durchaus wechselnden Bettpartnern.

Neben den Standardmotiven der High Fantasy ist dies, die sexuelle Normalität und Aufgeklärtheit auch das zentrale Thema dieser Trilogie. Ging es bei Tarma und Kethry bzw. bei Kerowyn noch um die Emanzipation der Frau, so wird diese hier bereits als normaler Zustand vorausgesetzt. Nicht überall vorhanden, Talia stammt aus einer extrem un-emanzipierten Gesellschaft, aber prinzipiell als normal in zivilisierten Gegenden vorausgesetzt. Die Geschichten um Talia und Dirk gehen einen Schritt weiter und stellen die sexuelle Freiheit von Männern und Frauen in den Mittelpunkt. Lackey stellt hier heterosexuelle Beziehungen homosexuellen imperativ gleich und macht deutlich, das weniger die körperliche als die geistige Harmonie eine Beziehung prägt. Dies wird noch deutlicher in den "Vanyel"-Romanen, aber die hatte ich dieses Mal keine Lust zu lesen.

Als ich diese Romane das erste Mal Anfang der 90er las, fielen mir im hinteren Teil zwei in meinen Augen nicht-kommerzielle Anzeigen auf. Die erste Anzeige betraf einen Lackey-Fan-Club, "Queen's Own". Googelt man danach, stellt man fest, daß heute, 25 Jahre später, dieser Fan-Club immer noch aktiv ist und sich mit den Romanen von Mercedes Lackey beschäftigt.
Queen's Own

Die zweite Anzeige war von "Firebirds Inc." und warb für Musik nach Texten der Autorin, Vertonungen der Bücher. Nicht verwunderlich, wenn man die Filk-Kontakte der Autorin berücksichtigt. Und dies war vor 25 Jahren schon ein Novum, der Audio-Bereich war deutlich weniger entwickelt als heute. Es gibt auch diverse Hörproben dort und auf Youtube, so daß sich jeder selbst ein Bild machen kann. Mir hat es gefallen, aber mein Musik-Geschmack ist vielleicht (ebenso wie ich selbst) etwas veraltet.
Firebird Art & Music

Diese drei Romane um Talia und Dirk lese ich jetzt zum vierten oder fünften Mal. Mein Eindruck ist der einer klassischen High Fantasy, die in den Jahrzehnten seit ihrem Erscheinen nicht merkbar gealtert sind. Für mich ist die Geschichte noch genauso frisch wie am ersten Tag. Von daher kann ich sie jedem Fantasy-Fan nur empfehlen.

Freitag, 29. März 2013

Exodus 29



EXODUS 29
Softcover-Magazin im Hochglanzformat
112 Seiten, 9.90€
ISSN 1860-675X
EXODUS-Homepage


Neben phantastisch! ist EXODUS das zweite SF-Magazin, das man sich als Fan unbedingt besorgen sollte. Hier werden (hauptsächlich, aber nicht nur) Kurzgeschichten veröffentlicht, unterschiedlicher Qualität zwar, aber oftmals lesenswert. Im Detail :

Rolf Krohn : Die Schraube
Ein Raumschiff findet ein Schraube im All, die nicht von dieser Welt ist.
Nette Story mit einem witzigem Ende und einem kuriosem Gegenwartsbezug.

Michael K. Iwoleit : Opinion Engeneering
Meinungen werden gemacht, ebenso wie Fakten künstlich erzeugt werden können. Dies stellt MKI in seiner Geschichte dar, von der ich nicht sicher bin, ob sie SF oder Gegenwartsliteratur ist. Nett, aber nur eingeschränkt innovativ. Allerdings wie praktisch alles von MKI lesenswert.

Olaf Lahayne : Cirque du Courant
Das 3D-Kino als Zirkusvorstellung in die Zukunft projiziert. Und gleichzeitig noch ein bißchen illegaler Adressenhandel. Die Story kann sich weder auf das Eine noch auf das Andere fokussieren, wäre sie nicht so flüssig geschrieben, müsste man sie als Totalflop deklarieren. So ist sie immerhin noch ganz nett.

Michael Tillmann : Münchhausen – Planet mit leicht übersteigbaren Zäunen
Eine esoterische Planetengeschichte aus der Rubrik "schnell weiterblättern".

Klaus N. Frick : Im Käfig
Ein Mann wird von Außerirdischen in einem Käfig gehalten und in einem Zoo (?) ausgestellt. Regelmäßig führt man ihm ein Weibchen zu, das, nachdem er es geschwängert hat, wieder verschwindet. So geht das schon seit Jahrzehnten .
Eine gut erzählte, altbekannte Geschichte ohne tieferen Sinn. Aber so gut erzählt, daß sie einen nicht so schnell loslässt. Hat was, die Story, obwohl ich den Finger nicht so genau auf das "Was" legen kann.

Armin Möhle : Die Maschine der Weisen
Da Luther widerrufen hat, steht das CERN unter der Kontrolle der katholischen Kirche. Die Transmutation von Blei in Gold mittels quantenphysikalischer Effekte ist Ketzerei – es sei denn, dies wird für die Katholische Kirche selbst durchgeführt. Diese Einstellung führt zu ihrer Selbstauflösung.
Nachdem dieses Jahr relativ viele Alternate Histories erschienen sind, zeigt Armin Möhle mit dieser Story, daß gar keine epische Breite nötig ist, um ein interessantes Szenario in diesem Subgenre darzustellen. Rein aufgrund der Technik und der Darstellung ein unbedingtes Muß.

Wolf Welling : Target No. 6
Ein Serienkiller wird gefasst und vom Geheimdienst zum Selbstmordattentäter rekrutiert. In die bionische Form eines Schmetterlings eingebaut tötet er die vermeintliche Terroristin . Die tatsächliche Terroristenführer amüsieren sich über die Dummheit des Westens, die von einer Frau glauben, sie könne Anführerin sein, wo doch nur Männer wirklich echte Kerle sind. Als sie eine zweite Frau zu einem Selbstmordattentat schicken wollen, sprengt diese sich und sie in die Luft.
Sehr amüsante emanzipatorische Story, die gleichzeitig "mal eben" mit moralisch fragwürdigen Serienhelden wie "Dexter" aufräumt. Unbedingt empfehlenswert, hat mir persönlich ausnehmend gut gefallen und kommt auf meine engere DSFP-Nominierungs-Auswahlliste.

Reinhard Kleindl : 90°
Recht belanglose Story über ein fast havariertes Generationenraumschiff. Atmosphärisch allerdings gut gelungen.

Bernd Karwath : Va Loi
Die letzten Menschen auf der Erde wehren sich gegen die Auslöschung.
Sehr verwirrende Zeitreisegeschichte, stilistisch gut gelungen und, wie sein Vorgänger, atmosphärisch sehr dicht. Auffallend ist hier die sehr bildhafte Sprache, die mir sehr gut gefallen hat. Gewidmet ist diese Geschichte Hans Kneifel, der sicherlich seine Freude daran gehabt hätte.

Sven Klöpping : Morpheus im Untergrund
Ein Polizei-Hologramm sorgt undercover dafür, daß sich seine Mithologramme politisch korrekt verhalten.
Eine fast schon typische Klöpping-Story, dabei aber tiefgründig mit mehreren Bedeutungsebenen. Klöpping nimmt hier eindeutig Stellung gegen das Spießertum und die heutzutage politisch korrekte Gleichmacherei. Meiner Meinung nach wird Sven Klöpping auch von Jahr zu Jahr besser und hat sich in der Zwischenzeit in die Riege der DSFP-Nominierungskandidaten geschrieben. Auch diese Story ist zumindestens auf meiner erweiterten Nominierungsliste.

Heidrun Jänchen : Nach der Ölpest
Die Ölpest, die das Meer verschmutzte, ist durch den Einsatz von Bakterien vollständig eliminiert. Leider fressen diese Bakterien auch alle sonstigen Ölprodukte, etwa Plastik ...
Die fiese Jänchen at her best. Aus einem einfachem, scheinbar utopischem Szenario macht sie durch konsequentes logisches Weiterdenken die globale Katastrophe. Und zeigt einmal mehr die Grenzen der Wissenschaft und der WissenschaftlerInnen auf. Dabei ist "Nach der Ölpest" Hardcore-SF mit "echten Menschen", d.h. die Story, so kurz sie auch sein mag, ist nicht auf klischeehafte ProtagonistInnen angewiesen. Bemerkenswert !

Axel Kruse : Doppeltes Spiel
Ein brillianter SF-Krimi, von dessem Inhalt ich hier nix verrate.
Denn es hat schon etwas, den Krimi das erste Mal zu lesen und die Auflösung zu genießen. Als Hammett- und Chandler-Fan kann ich ihn von dieser Warte aus nur empfehlen. Und als begeisterter Leser der guten alten Asimov-SF-Krimis ebenfalls. Axel Kruse gelingt es, ein klassisches Krimi-Szenario vollständig in die SF zu transportieren, dabei aber einerseits die Suspense zu erhalten, andererseits nicht zu stark in der SF-Gimmick-Kiste zu wühlen. Ich halte diese Kurzgeschichte für ausnehmend gut gelungen und definitiv preiswürdig.

Mit den veröffentlichten Gedichten kann ich nu gar nichts anfangen, das ist so überhaupt nicht meine Welt. Da bin ich eben zu dickhäutig für. Auch den Graphik-Teil mit Bildern von Thomas Franke (und einer Einführung von Wolfgang Jeschke) kann ich nicht richtig würdigen, die Bilder sind zwar zweifelsohne brilliant, aber so vollkommen abseits von meinen bevorzugten Kunststilen. Diesbezüglich, und das gebe ich unumwunden zu, bin ich bis zu einem gewissem Grad ein Kunstbanause. Aber sogar ich kann erkennen, daß sich dieses Portfolio lohnt und nicht unwesentlich zum Gehalt von EXODUS 29 beiträgt.

Freitag, 1. März 2013

phantastisch! 49



phantastisch! 49
Vierfarbcover, 68 Seiten, durchgängig farbig
Atlantis-Verlag 2013, ISSN 1616-8437
Cover - Jan Hoffmann


Interviews
Christian Humberg: Interview mit Bernd Perplies
Bernd Jooß: Interview mit Carsten Polzin
Carsten Kuhr: Interview mit Tom & Stephan Orgel
Christian Endres: Interview mit Andrea Sorentino

Bücher, Autoren & mehr
Herrmann Ibendorf: Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen … und andere politisch unkorrekte Ansichten
Christian Endres: phantastisch! im Dialog – Auf den Hobbit gekommen
Achim Schnurrer: Kassiber – Verbotenes Schreiben
Bernd Jooß: Zehn Jahre Piper Fantasy
Achim Schnurrer: Klassiker der phantastischen Literatur – Sergej Prokofjev
Tony Diterlizzi: Wo die wilden Hobbits wohnen
Johannes Rüster: phantastisch! Leben – Folge 11 – Wir sind Helden
Günther Freunek: Am Anfang klobig
Phantastische Nachrichten zusammengestellt von Horst Illmer

Rezensionen
Chris Schlicht »Maschinengeist«
Frank W. Haubold »Die Gänse des Capitols«
Jeffrey Thomas »Geschichten aus dem Cthulhu-Mythos«
Edward Lee »Innswich Horror«
Ian Thomas & Adam Bolton »Where’s my Shoggoth?«
Ronald Malfi »Die Treppe im See«
Olaf Brill »Der Caligari-Komplex«

Comic & Film
Olaf Brill & Michael Vogt: Ein seltsamer Tag – Teil 7
Sonja Stöhr: Fables – Es war einmal in New York
Christian Endres : Abschied von einer Comic-Legende – Joe Kubert (1926-2012)

Story
Armin Rößler : Feuergeister


Wie jedesmal lohnt sich auch diese Ausgabe DER Zeitschrift für phantastische Literatur wieder. Jede einzelne Seite ist ein informativ und, was ich persönlich für den größten Vorzug halte, phantastisch! bietet für jeden Geschmack etwas, sei es Science Fiction, Fantasy oder allgemeine Phantastik, sei es Zyklus, Einzelroman, Kurzgeschichte oder Comic, sei es Primär-, Sekundär- oder Tertiär-Text.

Bei meinen Kommentaren zu dieser Zeitschrift höre ich hier und jetzt auch auf, Lobeshymnen über jeden einzelnen Artikel zu schreiben. Ich selber lese gerne die regelmäßigen Kolumnen "Update" von Horst Illmer oder "phantastisch! Leben" von Johannes Rüster. Und die Interviews. Und die Comic-Artikel, um meinen Horizont zu erweitern. Und, und, und … Aber ich empfinde es als zuviel, um jeden der sehr guten Artikel zu würdigen und widme mich ab sofort nur noch den herausragenden Beiträgen der jeweiligen phantastisch!-Ausgabe.

In dieser Nummer 49 sind es vier Beiträge, die ich als brilliant bzw. extrem wichtig empfunden habe. Zunächst einmal der Artikel von Herrmann Ibendorf über Harlan Ellison und seine "Dangerous Visions"-Anthologien. Hier wird ausführlich die Entstehungsgeschichte beider Anthologien besprochen – und deutlich gemacht, warum es bis zum heutigen Tag keine qualifizierte deutsche Übersetzung dieser beiden Bände gibt. Ein hochinformativer und imho sehr wichtiger Sekundärtext zur Phantastik.

Ebenso informativ empfand ich den Artikel über Piper Fantasy und das Interview mit dem Programmleiter Carsten Polzin, beides von Bernd Jooß. Meiner Meinung nach wird hier sehr schön der Standpunkt der "Macher" und ein Ausblick auf die Zukunft des Verlagsprogramm dargestellt.

Und immer wieder genial ist die Reihe "Klassiker der phantastischen Literatur" von Achim Schnurrer, in dieser Ausgabe über Sergej Prokofjev. Jeder einzelne der Artikel dieser Reihe ist fundiert und recherchiert, so auch dieser über den russischen Komponisten, der auch Phantastik geschrieben hat. Dabei hat mir insbesondere gut gefallen, wie Schnurrer die Arbeiten von Prokofjev in den historischen Kontext stellt und aus dieser Sicht heraus bewertet. Ein unbedingtes Muß, für das man allerdings Konzentration und Ruhe braucht.

Zu meiner eigenen Überraschung ist der vierte Beitrag, den ich als überdurchschnittlich empfand, die Kurzgeschichte "Feuergeister" von Armin Rößler. Ich mag nämlich keine Kurzgeschichten zwischen den ganzen Sekundärtexten, es stört mich normalerweise so, daß ich sie gar nicht richtig würdigen kann. Hier aber hat Rößler eine wirklich brilliante Kurzgeschichte für Kinder geschrieben, die ihresgleichen sucht. Protagonist ist ein kleiner Junge namens Lasse, ich stelle ihn mir als Zwölf- bis Vierzehnjährigen vor, dessen Eltern zu einem Raumschiff gehören, das vor Jahren auf dem Planeten havarierte. Zusammen mit seiner nichtmenschlichen Freundin Zaarende geht Lasse auf Entdeckungstour – und sie entdecken etwas, das ihr Leben für immer verändern wird.
Die Geschichte hat ein inhaltliche Tiefe und eine emotionale Dichte, wie ich sie selten bei einer Story empfunden habe. Dabei bleibt Rößler auf dem Level des Jungen, ohne ins Triviale oder Kitschige abzugleiten. Nicht nur sehr empfehlenswert, sondern meiner Meinung nach auch preiswürdig.

Das waren die vier Beiträge aus phantastisch! 49, die neben den guten anderen Artikeln in meinen Augen herausragend sind. Andere werden das anders sehen, aber sie werden mir zustimmen, daß auch diese Ausgabe wieder einmal ein faszinierendes Leseerlebnis darstellt.